Gesellschaft Frauenstein

Die Gesellschaft Frauenstein bildete neben der Ganerbschaft Alten-Limpurg die kleinere der beiden Frankfurter Patriziergesellschaften. Als Trinkstubengesellschaft liegt ihre Gründung ebenfalls in der Mitte des 14. Jahrhunderts. Ihr Treffpunkt war zunächst das gleichnamige Haus Frauenstein – das zweite von rechts in Fünfgiebelanlage des Römers. 1694 verkaufte die Gesellschaft dieses Gebäude und erwarb das traditionsreiche Haus Braunfels unweit am Liebfrauenberg gelegen, das bereits in früherer Zeit Kaisern und Fürsten als Absteige gedient hatte. Hier war nun der Mittelpunkt des geselligen Lebens der Frauensteiner.

Die Frauensteiner standen hinsichtlich ihres Ansehens, hinsichtlich ihres Einflusses und ihrer Größe etwas im Schatten der Gesellschaft Limpurg. Dies wird ersichtlich unter anderem aus der Tatsache, dass bis zum Beginn des 16. Jahrhunderts mehr als zwei Dutzend Frauensteiner Familien (darunter so namhafte wie die Melem, Heller, Rohbach oder die
Stalburg) zu Alten-Limpurg wechselten, während eine umgekehrte Wanderung nicht festzustellen ist. Auch war Alten-Limpurg größer als Frauenstein: Frauenstein hatte im Jahr 1479 24 (männliche) Mitglieder aus 18 verschiedenen Familien; 1504 waren es 22 (aus 19 Familien), im 18. Jahrhundert lag die Mitgliederzahl meist unter 20 Männern aus durchschnittlich etwa 10 verschiedenen Familien. Aufgenommen wurden auch die Ehefrauen, doch hatten sie in den Belangen der Gesellschaft kein Stimmrecht.

Länger als bei Alten-Limpurg (noch bis ins späte 17. Jahrhundert hinein) behaupteten sich bei Frauenstein noch Handelsfamilien; erst im Lauf des 17. Jahrhunderts kamen Juristen stärker zum Zug. Ein adliges Selbstverständnis bildete sich erst seit dem späten 17. Jahrhundert heraus, als auch die Zahl der Nobilitierungen von Frauensteiner Persönlichkeiten und Familien zunahm.

Auch die Gesellschaft Frauenstein war bis zu einem gewissen Grad ein Familienverband, in dem die Beziehungen zwischen den Mitgliedern durch fortgesetzte Eheallianzen der Familien gepflegt wurden und in dem die Nachkommen ein Anrecht auf Aufnahme (Rezeption) hatten. Doch war das verwandtschaftliche Netz bei Frauenstein nicht so eng geknüpft wie bei Alten-Limpurg. Während bei Limpurg eine neue Familie nur unter der Bedingung standesgemäßer Einheirat in eine eingesessene Familie Einlass finden konnte, praktizierte man bei Frauenstein in großem Stil zugleich auch die Aufnahme ohne Einheirat: Fast die Hälfte aller neuen Familien wurde hier ohne Einheirat berufen. Ein Geburtsstand bildete sich daher nicht in der gleichen Geschlossenheit heraus wie bei Alten-Limpurg, doch wurden geburtsständische und adlige Ansprüche im 18. Jahrhundert auch aus Frauensteiner Kreisen heraus formuliert.
Schon im 16. Jahrhundert hatten Mitglieder der Gesellschaft Frauenstein gewisse Anteile an der Ratsmacht; nach dem Fettmichaufstand 1612-1614 konnten sie ihren Einfluss im Rat erhöhen und stellten zeitweise bis zu 10 von insgesamt 28 Mitgliedern auf den ersten beiden Ratsbänken. Nach den Verfassungsreformen des frühen 18. Jahrhunderts waren ihnen noch sechs Sitze zugestanden, die sie bis zum Ende der reichsstädtischen Verfassung 1806 im Allgemeinen behaupten konnten. Danach vermochten die Patriziergesellschaften ihre tradierten Anrechte auf Ratsstellen nicht mehr geltend zu machen.
Die Gesellschaft Frauenstein existiert als Adelsgesellschaft dennoch bis zur Gegenwart. Ihre Mitglieder kommen heute meist von außerhalb Frankfurts, doch verfügen einige von ihnen über mütterliche Linien über Verwandtschaftsverbindungen bis zu den historischen Familien. An die Stelle der einstigen Ratsherrschaft ist als zentrale Aufgabe heute die Verwaltung der Beyerschen Stiftung getreten, die 1624 von dem Frauensteiner Dr. med. Johann Hartmann Beyer gegründet worden war und die in bescheidenem Umfang bis heute für soziale Zecke tätig ist.

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